Jemen
Das politische System
Der Jemen ist die einzige Demokratie auf der Arabischen Halbinsel und laut Verfassung eine islamische Präsidialrepublik: Es gibt verschiedene Parteien, Wahlen finden regelmäßig statt und sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht gilt uneingeschränkt für Frauen wie für Männer. Dennoch sprechen einige Fakten aus dem jemenitischen politischen Alltag dafür, dass die jemenitische Demokratie nicht eine gleichberechtigte politische Beteiligung für alle Bevölkerungsgruppen bedeutet:
Jemens Präsident Ali Abdullah Salih gehört zu den dienstältesten Staatsoberhäuptern der Welt und kann zudem von sich behaupten, schon Oberhaupt zweier Staaten gewesen zu sein: Ab 1978 war er Präsident der Arabischen Republik Jemen im Norden des Landes, nach der Wiedervereinigung 1990 übernahm er das Amt des Staatsoberhauptes für den Vereinigten Jemen. Bei den regelmäßig stattfindenden Wahlen wird Salih stets wiedergewählt – mit Werten jenseits der 90 Prozent wie sie eher für Diktaturen typisch sind.
Zudem gibt es im Jemen Machtstrukturen jenseits staatlicher Institution, die dem Staat in einigen Bereichen das Gewaltmonopol nehmen. Die jemenitische Gesellschaft gliedert sich in verschiedene Stämme, mit unterschiedlichen Machteinflüssen. Einige verfügen über bewaffnete Milizen, die eingesetzt werden, um Druck auf den Staat auszuüben – weltweit wahrgenommen wurden diese Aktivitäten im Zusammenhang mit Geiselnahmen ausländischer Touristen, durch die lokale Stammesautoritäten immer wieder versuchen, staatliche Entscheidungen zu beeinflussen.Zudem übernehmen lokale Scheichs in manchen Gebieten Teile der Gerichtsbarkeit.
Frauen haben im Jemen zwar sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht, können diese jedoch teilweise nur eingeschränkt wahrnehmen. Im Land herrschen konservative gesellschaftliche Normen vor. Bevormundung durch den Vater oder Ehemann sind keine Seltenheit, das Heiratsalter liegt, trotz wiederholter Proteste von Menschenrechtsorganisationen, für Mädchen bei fünfzehn Jahren. Viele Frauen verlassen kaum das Haus, Geschlechtertrennung ist bei privaten Treffen üblich. Sich außer Haus in der Politik zu engagieren bleibt daher vorwiegend den Frauen der Elite vorbehalten.
Parlament und Regierung
Im jemenitischen Parlament „Madschlis an Nawab“ in Sanaa sind fünf Parteien vertreten: Neben der Regierungspartei unter Präsident Salih, der Allgemeine Volkskongress (GPC) gibt es vier Oppositionsparteien, die sich zum Bündnis Joint Meeting Parties (JMP) zusammengeschlossen haben: Die Islah-Partei („Reformpartei“), die Sozialistische Partei, die Unionistische Volksparte und die Arabische Sozialistische Baath-Partei. Das Bündnis hat mehrfach durch politischen Boykott sowie Proteste versucht, das ausgeprägte Machtmonopol Salihs einzuschränken. Parlamentswahlen finden alle sechs Jahre statt, die für 2009 geplanten Wahlen wurden um zwei Jahre verschoben.