Jemen: Pressegericht verhandelt ersten Fall
Am Samstag hat in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa zum ersten Mal ein eigens für Pressevergehen eingerichtetes Gericht verhandelt. Dies berichtet die jemenitischen Zeitung „Yemen Times“ Angeklagt war der Chefredakteur der Tageszeitung Al Nida, Sami Ghalib, gegen den eine eine Pressestaatsanwaltschaft zwei Jahre lang ermittelte, wie das Blatt berichtete. Gegen die im Mai eingesetzten Sondertribunale, die außerhalb der regulären Gerichtsbarkeit stehen, hatte es im Land und international heftige Kritik gegeben.

Die Flagge des Jemen
Diese Gerichte, die von Menschenrechtsaktivisten als illegal bezeichnet werden, wurden nach der kritischen Berichterstattung über Gewalt zwischen Demonstranten und Regierungssoldaten im Süden des Landes eingerichtet. Gegen den Angeklagten Ghalib wurde ermittelt, nachdem er dem Ministerium für religiöse Stiftungen Korruption vorgeworfen hatte. Die Staatsanwaltschaft wird Ghalib „Beleidiung und Demütigung“ vor.
Am ersten Verhandlungstag wurde die Anklage verlesen, der Angeklagte habe einen Freispruch gefordert, so Yemen Times. Am 18. Juli soll der Prozess fortgesetzt werden. Der Angeklagte akzeptierte die Etablierung von Sondergerichten, da Journalisten so nicht wie Kriminelle behandelt würden. Allerdings kritisierte er den Zeitpunkt ihrer Einsetzung, kurz nachdem große Tageszeitungen an ihrer Verbreitung gehindert wurden.
Neben dem Gericht in Sanaa sollen auch in Aden, Taiz und Mukalla Richter für Pressevergehen eingesetzt werden. Aus Protest über die Pressegerichte sandten 21 Wissenschaftler aus den USA und Europa Appell an Präsident Ali Abdullah Saleh sowie an Botschaften des Jemen in Rom und Washington. Sie riefen dazu auf, die Pressefreiheit zu fördern und zeigten sich besorgt über den Zusammenbruch der jemenitischen Presse und die massiven Zensureingriffe in den vergangenen Monaten. Darin heißt es auch „man fürchte um den Ruf des Jemen“, weil das Land derzeit als vergleichsweise liberal gelte. Auch der jemenitische Journalistenverband verurteilte die derzeitige Haltung der Regierung gegenüber der Presse.