Arabische Begriffe

Arabische Begriffe in deutschsprachigen Medien

Durch die vermehrte Berichterstattung über den Nahen Osten, dortige Konflikte, Gruppierungen und das Modethema Islamismus, werden arabische Begriffe in vielen deutschen Medien benutzt. Problematisch ist dabei, dass deren Bedeutung häufig nicht eindeutig geklärt oder sogar durch die tendenziöse Verwendung negativ verändert wird. Die folgende Liste erklärt einige häufig benutze Begriffe und bietet Übersetzungsvorschläge an:

Allah/ Gott

Der arabische Begriff für Gott. Problematisch ist die Verwendung, wenn beispielsweise Allah als Gott der Muslime, „Gott“, dem Gott der Christen gegenübergestellt wird. Eine empirische Untersuchung von Sabine Schiffer hat für diesen Begriff festgestellt, dass dieser häufig von „Gott“ zum „Gott der Muslime“ umgedeutet wird und zudem eine Pars-pro-toto-Benutzung des Wortes für den Islam als Ganzes erfolgt: Statt als Metapher für Gott wird Allah zur Metapher für den Islam. Dadurch werde eine Andersartigkeit der Muslime impliziert.
Vorschlag: Der Begriff sollte durch „Gott“ ersetzt werden.

Gihad (teilweise auch Dschihad[1])

Der Begriff wird häufig als „Heiliger Krieg“ übersetzt, was eine negative, aggressive Tendenz enthält und allenfalls einen Teil der Bedeutung umfasst. Wörtlich übersetzt bedeutet Gihad „Bemühungen unternehmen, um ein Ziel zu erreichen“[2] und bezieht sich in erster Linie auf die Anstrengungen des einzelnen Muslims, den Gesetzen Gottes zu folgen und gegen Versuchungen der Sünde anzugehen, auch „großer Gihad“. Der „kleine Gihad“ bezieht sich auf den Kampf gegen Ungläubige[3] als Verteidigung der eigenen Religion oder Erweiterung des islamischen Territoriums und ist als Kriegsform nach bestimmten Regeln erlaubt. Die Darstellung des Gihad als persönliche Pflicht ist eine Neuerung, die vor allem Sayyid Qu?b im 20. Jahrhundert als solche deklarierte. Inzwischen gehört der Begriff in das Repertoire radikaler Bewegungen. Problematisch ist die Verwendung des Begriffs als Synonym zu Heiliger Krieg, besonders wenn gleichzeitig suggeriert wird, es handele sich dabei um einen der islamischen Religion immanenten Glaubensinhalt und nicht auf die Umdeutung des Begriffs hingewiesen wird.
Vorschlag: Da der Begriff als Synonym zu heiliger Krieg eine Eigendynamik entwickelt hat und dadurch negativ geprägt ist, sollte er nur unter Vorbehalt und mit ausführlicher Erklärung verwendet werden.

Šarï?a/ Scharia [4]

Dieser Begriff wird wie oben bereits kurz erläutert zum Teil missverständlich gebraucht, indem sich der Begriff Scharia ausschließlich auf das Strafrecht beziehungsweise ?udud-Strafen[5]: Schiffer hat für den Begriffe eine Bedeutungsverschiebung zum Handabschlagen für Diebe festgestellt.  Die „Scharia“ ist kein manifestes Gesetzwerk, sondern die Gesamtheit religiöser und weltlicher Ge- und Verbote, in Koran, ?adï? und der später entstandenen Rechtslehre der unterschiedlichen Richtungen und Rechtsschulen. Deshalb gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen, was gemäß der Scharia rechtens ist oder nicht und sowohl konservative als auch liberale Ansichten werden mit den Grundlagen der Scharia begründet. In vielen islamisch geprägten Staaten basieren Rechtsbereiche wie das Familienrecht, für das es konkrete Anweisungen in Koran und ?adï? gibt, auf der Scharia.
Vorschlag: Der Begriff sollte differenziert übersetzt werden, ist nur das Familienrecht gemeint, sollte mit „Familienrecht“ übersetzt werden, bezieht man sich ausschließlich auf Körperstrafen, so sollte dies deutlich gemacht werden.

Umma

Der Begriff bezeichnet die Gemeinschaft der Muslime.

Ulama

Dieser Begriff bezeichnet Muslime, die „Kenntnis von der Offenbarung des Korans und den prophetischen Überlieferungen, dem ?adï?, besitzen“[6]. In der Moderne bezieht sich diese Bezeichnung oft auf Absolventen bestimmter Schulen, wie die Al Azhar in Kairo. Im Islam gibt es keinen Klerus, der etwa mit dem der katholischen Kirche vergleichbar ist und dem sich verbindliche Weisungsrechte für alle Muslime zustehen. Im schiitischen Iran ist das Amt des ?Alim[7] mit politischen Aufgaben verbunden, in sunnitischen Gebieten ist diese Parallele nicht zwangsläufig gegeben.
Problematisch ist die Verwendung des Begriffs als islamischer Klerus, dessen Ver- und Gebote für alle Muslime verpflichtend sind.
Vorschlag zur Übertragung: Religionsgelehrte

Madrassa

Bezeichnet eine traditionelle Schule, vor allem für die höhere Bildung[8]. In der Madrassa werden auch der Koran und andere religiöse Inhalte gelehrt. Problematisch ist die Verwendung des Wortes im Sinne von „Ausbildungsstätte für islamistische Attentäter“, weil so der Begriff negativ konnotiert wird.
Vorschlag: Je nach verwendetem Zusammenhang durch „Schule“ oder „Koranunterricht“ ersetzen.

Maulana

Der Begriff leitet sich vom arabischen „Unser Herr“ ab und wird vor allem in Zentralasien für Religionsgelehrte und religiöse Autoritäten benutzt. Der Begriff impliziert keine besondere Ausbildung oder hierarchische Stufe als religiöse Autorität, was im sunnitischen Islam ohnehin nicht üblich ist.
Problematisch ist die Verwendung des Begriffs, die suggeriert, der Titel Maulana entspreche einer bestimmte klerikale Hierarchiestufe mit entsprechenden Weisungsbefugnissen und würden sich diesbezüglich beispielsweise von Mullahs unterscheiden. Richtig verwendet zeigt der Begriff lediglich, dass ein so bezeichneter Rechtsgelehrter als Autorität geachtet wird.
Vorschlag: islamischer Geistlicher

Mullah

Der Begriff bezeichnet einen islamischen Gelehrten, Lehrer, Prediger und Geistlichen niederen Ranges oder Theologiestudenten[9]. In Zentralasien werden so zudem die Vorsteher der jeweiligen lokalen Moschee bezeichnet. Problematisch ist die Verwendung des Begriffs um eine von allen Muslimen anerkannte Autorität zu bezeichnen sowie die Verwendung als Spottbegriff.
Vorschlag: islamischer Geistlicher

Fatwa

Der Begriff bezeichnet ein islamisches Rechtsgutachten, das von einem dazu berechtigten Mufti unter Berücksichtigung der islamischen Rechtsgrundlagen erstellt wird. Dieses Gutachten ist nur für denjenigen bindend, der die Autorität des entsprechenden Muftis anerkennt.
Problematisch ist die Verwendung des Begriffs im Sinne eines für alle Muslime verbindlichen Urteils oder gar Todesurteils, wie dies etwa nach der Fatwa gegen den Schriftsteller Salman Rushdie durch den schiitischen Ayatollah Khomeini der Fall war. Eine derartige Umdeutung des Begriffs hat Schiffer festgestellt.

[1] Die Schreibweise Dschihad ist im Spiegel und in der Zeit üblich
[2] Vgl, Elger et Al, 2006, S. 155f
[3] Polytheisten und Anhänger von Naturreligionen, Christen und Juden sind als Angehörige einer Buchreligion davon ausgenommen
[4] deutsche Schreibweise nach: Duden. Die deutsche Rechtschreibung, Band I, Duden Verlag, Mannheim Leipzig Wien Zürich, 1996, 21. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage
[5] Strafen für Vergehen gegen die von Gott gesetzte Grenze (hadd): Ehebruch, Diebstahl (bei bestimmten Vorraussetzungen), Verleumdung einer Frau wegen Ehebruchs, Alkoholgenuss und zum Teil die Apostasie und Wegelagerei, vgl. Elger, Ralf (Hrsg): Kleines Lexikon des Islam, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 383, Bonn 2006 , 4 aktualisierte und erweiterte Auflage (künftig zitiert als Elger, 2006),S.297
[6] Vgl. Elger, 2006
[7] Singular
[8] Vgl. Elger , 2006, S. 208
[9] ebenda S.222